Clinical Data Warehouse
Einbindung international verfügbaren Wissens durch semantische Annotation der Daten
Während sich die Krankenhausinformationssysteme seit Anfang der 2000er-Jahre von Abrechnungssystemen hin zu Systemen der Dokumentation medizinisch-pflegerischer Inhalte entwickelt haben, sind die meisten Data Warehouse-Lösungen bei der Auswertung vornehmlich administrativer Daten wie Fallzahl, TOP-DRG, TOP-ICD etc. stehen geblieben.
Die Fokussierung auf rein administrativ/ökonomische Daten ist auf die Dauer ein Irrweg und widerspricht der Forderung nach qualitativ hochwertiger kostengünstiger Medizin, da sie einen wesentlichen Aspekt der Versorgung ausblendet bzw. nicht ausreichend berücksichtigen kann: die Qualität.
Das folgende Beispiel soll dies verdeutlichen: Nach herkömmlicher Betrachtung gilt, dass eine hohe OP-Saalauslastung und geringe Wechselzeiten (Naht-Schnitt) positiv sind. Auf Basis der vorhandenen Daten kann dieser These kaum widersprochen werden. Bezieht man die Komplikationen der Wundheilung nach der Operation, mögliche Wiederaufnahmen und Revisionseingriffe ein, könnte diese Annahme relativiert werden.
„Könnte“ bedeutet, dass auch wir als Hersteller von Business Intelligence-Systemen diese Zusammenhänge noch nicht bis ins letzte Detail kennen. Wir sind aber bereit, uns mit interessierten Pilotkunden der Herausforderung zu stellen und Krankenhausdaten ganzheitlich zu betrachten. Hier bietet uns insbesondere der enge Austausch zwischen der TIP HCe-Entwicklung und unseren KollegInnen in anderen Geschäftsbereichen mit tiefem klinischen Wissen neue Ansatzpunkte. Eine der wesentlichen Voraussetzungen für derartige Analysen ist, die passenden Daten fach- und zeitgerecht bewerten zu können. Die Beantwortung der Fragestellung nach Auffälligkeiten bei Stürzen, Dekubiti, Infektionen und anderen Qualitätsproblemen ist damit kein Zukunftsszenario, sondern bereits heute möglich.
Das Ziel eines klinischen Data Warehouse wird aber nicht an diesem Punkt enden, sondern die Einbindung international verfügbaren Wissens durch semantische Annotation der Daten (LOINC, Snomed etc.) ermöglichen und letztlich das Ziel der Entscheidungsunterstützung (Clinical Decision Support) anhand statistisch ermittelter Wahrscheinlichkeiten verfolgen. Laborwerte würden dann nicht mehr als bloße Leistungsparameter betrachtet, sondern als medizinische Indikatoren des Wohlbefindens der Patienten bei der Entlassung. Dass diese Thematik einen großen volkswirtschaftlichen Nutzen verspricht, hat das BMBF bereits erkannt und berücksichtigt dies bei der Unterstützung entsprechender Fördermittelprojekte.
Bis dahin ist noch ein gutes Stück Weg zurückzulegen, TIP HCe ist allerdings auch hier gut gerüstet und betreibt seit Jahren Grundlagenforschung zum Thema Semantic Data Warehouse (SDW), und dies vollkommen unabhängig vom hauseigenen Krankenhausinformationssystem, sondern mit einem allgemeingültigen, offenen Ansatz.
Artikel vom 23. April 2017