Neuerungen im deutschen DRG-System
Dr. Michael Rabenschlag, Abteilungsleiter Ökonomie an der InEK GmbH, stellte die geplanten Neuerungen im deutschen DRG-System für 2025 am TIP DAY in Bonn vor. Sein Vortrag bietet einen detaillierten Überblick über die Entwicklungen und Anpassungen im Entgeltsystem für Krankenhäuser, die durch die veränderten Rahmenbedingungen und neuen gesetzlichen Vorgaben erforderlich sind.
Ausgangssituation für 2025
Die Ausgangssituation für das Jahr 2025 ist stark von den Entwicklungen der letzten Jahre beeinflusst, insbesondere durch die Veränderungen infolge der Corona-Pandemie. Dr. Rabenschlag verweist auf einen Anstieg der Fallzahlen im Jahr 2023 um etwa 2,3 %, wobei es in einzelnen DRGs zu stärkeren Veränderungen kam. Die Weiterentwicklung des DRG-Systems beruht auf den erhobenen Daten. Aus dem Vergleich der Fallzahlen zwischen 2019 (vor der Pandemie) und 2022 ergibt sich, dass für das Jahr 2025 keine gestufte Dämpfung mehr durchgeführt wird, insbesondere da der Abstand zum Basisjahr 2019 zu groß geworden ist. Stattdessen wird der Katalog auf Grundlage der neuen Kostenentwicklung fortgeschrieben.
Kalkulationsbasis und Erhöhung der Repräsentativität
Ein wesentlicher Punkt der Weiterentwicklung des DRG-Systems ist die Verbesserung der Kalkulationsbasis. Die Kalkulationsdaten beruhen auf einer ausgewählten Anzahl von Krankenhäusern, die jährlich erweitert wird. Im Jahr 2022 wurden 30 Krankenhäuser gezogen, die zur Datengrundlage für die Jahre 2022 bis 2026 beitragen. 2023 kamen weitere 50 Krankenhäuser hinzu, deren Daten in den Jahren 2024 bis 2028 berücksichtigt werden. Diese 50 Krankenhäuser nehmen in der aktuellen Kalkulationsrunde mit einer vereinfachten Kalkulation teil, die zunächst nur wenige probekalkulierte Fälle umfasst. Durch diese Erweiterung der Kalkulationsbasis soll die Repräsentativität der erhobenen Daten zukünftig gesteigert werden.
Neuregelungen im Pflegebudget
Ab 2025 treten signifikante Änderungen im Pflegebudget in Kraft. Diese betreffen insbesondere die Ausgliederung der Personalkosten bestimmter Berufsgruppen wie Hebammen und die Rückführung der Personalkosten für bestimmte Pflegekräfte. Diese Anpassungen wurden von den Kalkulationskrankenhäusern bereits vorweggenommen, was zu Umbuchungen in erheblichem Umfang geführt hat. Dies wirkt sich auch auf die Normierung des aG-DRG-Katalogs 2025 und des Pflegeerlös-Katalogs aus. Während die Ausgliederung der Hebammenkosten zu einer Absenkung des Case-Mix-Volumens führt, sorgt die Rückführung der Personalkosten bestimmter Berufsgruppen der Pflege für eine Anhebung des Case-Mix-Volumens. Die Vertragsparteien auf Bundesebene vereinbaren für die Normierung des aG-DRG-Systems den Gesamteffekt auf das Case-Mix-Volumen – auch unter Berücksichtigung der Erweiterung der Hybrid-DRGs für 2025.
Einführung der Hybrid-DRGs nach § 115f SGB V
Ein zentrales Thema im Vortrag sind die Hybrid-DRGs, die erstmals 2024 im Rahmen des § 115f SGB V eingeführt wurden. Diese Fallpauschalen sind darauf ausgerichtet, eine einheitliche Vergütung unabhängig davon zu gewährleisten, ob die Leistung ambulant oder stationär erbracht wird. Für die Berechnung der Vergütungshöhe wird eine Mischkalkulation verwendet, die sich aus den stationären Fallkosten und den ambulanten Erlösen zusammensetzt, basierend auf den jeweiligen Fallanteilen.
Für das Jahr 2024 wurden zwölf Hybrid-DRGs in fünf Leistungsbereichen eingeführt, darunter:
- Bestimmte Hernienoperationen
- Entfernung von Harnleitersteinen
- Ovariektomien
- Arthrodese der Zehengelenke
- Exzision eines Sinus pilonidalis
Diese Hybrid-DRGs sind auf Fälle mit einer Verweildauer von einem Tag beschränkt und dürfen keine schweren Komplikationen (PCCL < 3) aufweisen. Ausgeschlossen sind außerdem komplexe Diagnosen oder aufwendige Eingriffe sowie DRG-spezifische Konstellationen, die nicht für eine Hybrid-DRG geeignet sind. Im Jahr 2025 soll der Katalog der Hybrid-DRGs erweitert werden, unter anderem um Eingriffe wie:
- Endoskopische Operationen an Galle, Leber und Pankreas
- Proktologische Eingriffe an Analfisteln
- Brusterhaltende Eingriffe in der Mammachirurgie
- Osteosynthetische Versorgung von Klavikulafrakturen
Diese Erweiterung erfolgt in enger Abstimmung mit der Selbstverwaltung und basiert auf einer Vereinbarung vom 27. März 2024.
Krankenhaustransparenzgesetz (KHTG) und Bundes-Klinik-Atlas
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Vortrags ist das Krankenhaustransparenzgesetz (KHTG), das mit der Einführung eines Bundes-Klinik-Atlas für mehr Transparenz sorgen soll. Dieser Atlas ist seit dem 17.5.2024 online und wird regelmäßig aktualisiert. Ab Oktober 2024 soll der Atlas um Leistungsgruppen erweitert werden, die auf Grundlage des § 135d Abs 3 Satz 1 Nr. 1 SGB V definiert werden. Diese Leistungsgruppen basieren auf dem Krankenhausplan von Nordrhein-Westfalen (NRW). Entsprechend ist eine Übertragung der NRW-Logik auf Bundesebene erforderlich. Allerdings gibt es bundesweite Unterschiede beispielsweise in der Nutzung der FAB-Schlüssel, was zu Herausforderungen in der Umsetzung führt. Außerdem existieren fünf der in Anlage 1 definierten Leistungsgruppen nicht in NRW, wie die Spezielle Traumatologie oder Notfallmedizin.
Ein weiteres Problem ist die uneinheitliche Anwendung der FAB-Schlüssel, die für die Definition allgemeiner Leistungsgruppen verwendet werden. Während in NRW verwendete FAB-Schlüssel in der NRW-Logik eindeutig einer Leistungsgruppe zugeordnet werden können, existieren bundesweit weit mehr FAB-Schlüssel, für die eine Zuordnung auf die bestehenden Leistungsgruppen vorgenommen werden muss. Andererseits werden einige der in NRW verwendeten FAB-Schlüssel in anderen Bundesländern nicht dokumentiert, so dass für diese Konstellationen alternative Zuordnungslogiken etabliert werden müssen, um die entsprechenden Leistungsgruppen adressieren zu können. In der NRW-Logik werden die am Entlassungstag dokumentierten FAB-Schlüssel verwendet. Für eine bundesweite Übertragung ist zu prüfen, ob die entlassende Fachabteilung die Frage „Welcher Aufenthalt prägt den Fall?“ bei komplexeren Verläufen gut genug wiederspiegelt oder ob die Verwendung des „überwiegenden Aufenthalts“ (= FAB mit der längsten Verweildauer) die bessere Alternative darstellt.
Der Vortrag endete mit einer Diskussion offener Fragestellungen, die im Zusammenhang mit dem Bundes-Klinik-Atlas und den Leistungsgruppen stehen. Diese betreffen unter anderem die Behandlung von Verlegungen, die standortbezogenen Informationen (wie die Geräteausstattung) und die Hierarchisierung der Zuordnung von Leistungsgruppen. Viele dieser Fragen müssen vom Bundesministerium für Gesundheit noch geklärt werden. Darüber hinaus wird die Datengrundlage des Jahres 2023 als eingeschränkt geeignet angesehen, da nicht alle für die Leistungsgruppenzuordnung relevanten Informationen im §-21-Datensatz enthalten sind. Mit den Anpassungen im §-21-Datensatz für 2024 werden weitere für die Eingruppierung relevante Informationen in den Datensatz aufgenommen und eine verbesserte Datengrundlage für die fallbezogene Zuordnung bereitgestellt.