MDK-Reformgesetz

Worauf Sie sich einstellen müssen

Mit dem MDK Reformgesetz kommen im nächsten Jahr erneut große Änderungen auf die Krankenhäuser zu, auf die sich die Häuser einstellen müssen. Das Bundesgesundheitsministerium verfolgt mit dem Gesetz klare Ziele. Die Änderungen sollen die Unabhängigkeit des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) stärken und somit das Bild, dass der MDK zum Werkzeug der Kostenträger geworden ist, wieder ins rechte Licht rücken. Hierzu wird es neben einer Namensanpassung auch strukturelle Änderungen geben. Der MDK wird künftig den Namen Medizinischer Dienst tragen und der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) wird in Medizinischer Dienst Bund umbenannt. Auch werden beide Institutionen Körperschaften des öffentlichen Rechts. Des Weiteren werden die Strukturen innerhalb der Institutionen zur Stärkung der Unabhängigkeit angepasst und Aufgaben neu verteilt. Für weitere Details wird hier auf den Gesetzesentwurf verwiesen.

Weitere Ziele, die von der Politik mit diesem Gesetz verfolgt werden und auch direkt die Krankenhäuser betreffen, sind:

  • Schaffung von Anreizen einer regelkonformen Abrechnung
  • Herstellung von Transparenz über das Prüfgeschehen
  • Verbesserung der Effektivität und Effizienz der Abrechnungsprüfung

Um diese durchaus ambitionierten Ziele in einem komplexen Abrechnungssystem zu erreichen sind einige weitreichende Änderungen im Prüf- und Abrechnungsgeschehen erforderlich. Die für die Krankenhäuser gravierendsten Änderungen werden im Folgenden ausführlicher dargelegt und erläutert.

Prüfquote und Strafzahlung

Um die derzeitigen, für die Bearbeitung der Abrechnungsprüfungen gebundenen personellen Ressourcen zu entlasten und diese wieder mit dem Fokus auf den Patienten einzusetzen, ist in dem Gesetzesentwurf eine feste, für das Jahr 2020 und für das Jahr 2021 gestaffelte, maximale, quartalsbezogene Prüfquote vorgesehen. Diese ist im §275c Absatz 2 wie folgt definiert: „Im Jahr 2020 darf eine Krankenkasse bis zu 12,5 Prozent der bei ihr je Quartal eingegangenen Schlussrechnungen für vollstationäre Krankenausbehandlung eines Krankenhauses nach Absatz 1 durch den Medizinischen Dienst prüfen lassen.“ Hier gilt es also zukünftig für die Häuser, die Anzahl der Prüfungen durch die Kostenträger zu überwachen und bei Überschreitung der Quote die zur Verfügung stehenden Schritte einzuleiten. Des Weiteren ist auch der Medizinische Dienst laut Gesetzentwurf angehalten, Prüfaufträge von den Kostenträgern abzulehnen, wenn die jeweilige Prüfquote überschritten wird.

Sowohl für die Prüfquote als auch für die Strafzahlung bilden die Daten aus dem vorvergangenen Quartal die Grundlage. Dies birgt für die ersten beiden Quartale im Jahr 2020 einige Gefahrenpotentiale, da dem Medizinischen Dienst die Anzahl der zu prüfenden Abrechnungen für die ersten beiden Quartale nicht vorliegt. Somit sind hier die Kassen in der Verantwortung, diese korrekt und transparent zu überwachen und einzuhalten.

Zur Bestimmung der Anzahl an Fällen, welche durch den Medizinischen Dienst geprüft werden dürfen, wird die Anzahl der Abrechnungen für stationäre Fälle eines Krankenhauses, die bei einer Krankenkasse in einem Quartal eingehen, erhoben. Von dieser Anzahl dürfen dann 12,5% durch den medizinischen Dienst geprüft werden. In der abschließenden Fassung des Gesetzes wurde nun auch für das Jahr 2020 eine „Strafzahlung“ in Höhe von 10% des Differenzbetrags zwischen der initialen Abrechnung und dem Rechnungsbetrag nach der MD Prüfung, aber mindestens von 300 € aufgenommen. Eine Deckelung gibt es hier nicht.

Für das Jahr 2021 sieht das MDK Reformgesetz eine gestaffelte Prüfquote in Abhängigkeit der unbeanstandeten Abrechnungen vor. Die Staffelung ist wie folgt festgelegt:

  • Unbeanstandete Abrechnungen über 60 %: Prüfquote max. 5 %
  • Unbeanstandete Abrechnungen zwischen 40 % – 59 %: Prüfquote max.10 %
  • Unbeanstandete Abrechnungen unter 40 %: Prüfquote max. 15 %
  • Unbeanstandete Abrechnungen unter 20 % oder systematische Falschabrechnung:
    Prüfung auch über Quote hinaus erlaubt.

Diese Daten müssen vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen für jedes Quartal auf der Grundlage der Prüfergebnisse des vorvergangenen Quartals ermittelt und veröffentlicht werden. Dies schafft zum einen mehr Transparenz, kann aber auch ein gewissen Druck für die einzelnen Häuser bedeuten. Um eine regelkonforme Abrechnung zu schaffen, wird mit dem Gesetz auch eine prüfquotenbezogene Strafzahlung eingeführt. Diese ist durch die Krankenhäuser an die Krankenkassen zu zahlen und abhängig von der Prüfquote, maximal jedoch 10% des Rechnungsbetrags nach MD Prüfung, darf aber nicht weniger als 300 € sein.  Die Strafzahlung ist ein prozentualer Anteil vom Differenzbetrag zwischen der ursprünglichen Abrechnung und der korrigierten Abrechnung nach einer Prüfung durch den Medizinischen Dienst und ist wie im Folgenden gestaffelt.

  • Liegt die Prüfquote unter 5 % und der Anteil unbeanstandeter Abrechnungen über 60 %, muss der Leistungserbringer den Differenzbetrag zwischen Schlussrechnung und MDK-Prüfergebnis an die KK zahlen.
  • Beträgt die Prüfquote maximal 10 % (40 – 60 % unbeanstandeter Rechnungen), besteht eine Rückzahlungsverpflichtung des Differenzbetrages zzgl. eines „Aufschlags” von 25 %.
  • Bei einem Anteil unbeanstandeter Abrechnungen unter 40 % und einer Prüfquote über 10 % ist zzgl. des Differenzbetrags ein „Aufschlag“ von 50 % zu leisten.

In der Abbildung 1 wird nochmals veranschaulicht, wann die Daten für das jeweilige Quartal erhoben werden.

Katalog nach §115b AOP

Der Katalog nach §115b soll an den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse zu ambulanten Leistungen angepasst werden. Hierzu soll durch den GKV Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft ein Gutachten beauftragt werden. Neben den ambulant durchführbaren Operationen und stationsersetzenden Eingriffen sollen Tatbestände definiert und aufgeführt werden, welche auch eine stationäre Durchführung rechtfertigen. Zukünftig soll der Katalog dann regelmäßig (alle 2 Jahre) überprüft und angepasst werden. Hierdurch soll einerseits der Grundsatz „ambulant vor stationär“ besser als bisher umgesetzt werden und eine möglichst umfassende Ambulantisierung erreicht werden. Andererseits soll durch die verbesserte Realisierung des ambulanten Potenzials seitens der Krankenhäuser zugleich der Entstehung eines der häufigsten Prüfanlässe entgegengewirkt werden.

Strukturprüfung nach §275d

Eine weitere für die Krankenhäuser bedeutende Änderung ist die Einführung der Strukturprüfungen. Hierbei müssen die Krankenhäuser die Strukturmerkmale der Operations- und Prozedurenschlüssel durch den Medizinischen Dienst prüfen lassen, um diese abrechnen zu dürfen. Soll also für 2021 eine Leistung vereinbart und abgerechnet werden, muss zuvor der Medizinische Dienst das Erfüllen der Strukturmerkmale bestätigen, und vom Krankenhaus muss die Bescheinigung bis 31.12.2020 an die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen übermittelt werden. Erfüllen Leistungserbringer die Strukturmerkmale nicht, dürfen diese Leistungen für 2021 nicht vereinbart und abgerechnet werden. Sollte ein Leistungserbringer, nach vorheriger Bestätigung, eines oder mehrere Strukturmerkmale für eine Leistung über einen Zeitraum von mehr als einen Monat nicht mehr einhalten, hat er dies unverzüglich den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen mitzuteilen.

Datenübermittlung zwischen Leistungserbringern und Medizinischen Diensten

Auch legt der Gesetzentwurf fest, dass ab Januar 2021 der Datenaustausch zwischen den Krankenhäusern und den Medizinischen Diensten rein elektronisch zu erfolgen hat. Die Form und der Inhalt müssen jedoch noch zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden.

Weitere Änderungen im Prüfablauf

Neben einigen weiteren Änderungen des Prüfablaufs mit größeren Folgen, welche im Folgenden aufgelistet sind, wurde, um den Fristen der Prüfquote gerecht zu werden, die Frist zur Einleitung einer Prüfung nach § 275c von 6 Wochen auf 4 Monate verlängert. Eine weitere wichtige und zugleich brisante Neuerung ist der Ausschluss der tagesbezogenen Pflegeentgelte aus den Prüfungen nach § 275 SGB V in jeglicher Form. Diese dürfen nicht als Grund für eine Prüfung genutzt werden, und auch Prüfergebnisse aus anderweitigen Prüfanlässen dürfen nur wie folgt, mit Bezug auf die tagesbezogenen Pflegentgelte  umgesetzt werden. Hier wurde einer Forderung des Bundesverband Gesundheits-IT – bvitg e. V. nachgegangen, um die Umsetzung in der Software zu ermöglichen.

Bei einer Verweildauerkürzung nach einer MD-Prüfung bleiben die Belegungstage für die Berechnung der Pflegentgelte bestehen. Muss nach einer Prüfung eine abweichende DRG abgerechnet werden, dann wird auch für die Berechnung der Pflegentgelte die neue DRG als Berechnungsgrundlage verwendet. Muss ein stationärer Fall nach einer Prüfung ambulant abgerechnet werden, entfallen auch die tagesbezogenen Pflegeentgelte.

In Abbildung 2 ist das Verhalten schematisch dargestellt.

Für die Krankenhäuser ist die Regelung, dass nach Übermittlung der Abrechnung an die Krankenkasse eine Korrektur dieser Abrechnung ausgeschlossen ist, ein großer Rückschlag. Hier muss künftig darauf geachtet werden, dass nur Fälle abgerechnet werden, bei denen auch tatsächlich sämtliche Unterlagen und Befunde berücksichtigt wurden und auch schon vorlagen. Eine weitere Änderung erfolgt bei der Rechtsklärung von strittigen Fällen. Hier besagt der Gesetzesentwurf, dass eine gerichtliche Überprüfung einer Krankenhausabrechnung nur stattfindet, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Abrechnung einzelfallbezogen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus erörtert wurde. Doch gibt es auch einen Lichtblick für die Leistungserbringer im MDK Reformgesetz. Die Möglichkeit, dass eine Krankenkasse offene Rückforderungen, die sie gegen ein Krankenhaus hat, mit einer anderen Abrechnung verrechnet, ist ab 01.01.2020 nicht mehr zulässig, außer die Aufrechnung erfolgt zur Umsetzung eines nicht strittigen Prüfergebnisses oder eines rechtskräftigen Urteils

Schlichtungsausschuss Bund

Um seit langem strittige Abrechnungs- und Kodierfragen zwischen den Leistungserbringern, den Kostenträgern und den Medizinischen Diensten zu klären, werden einige Änderungen an der Arbeitsform des Schlichtungsausschusses Bund durchgeführt. Der bisherigen Trägheit wird durch eine Entscheidungsfrist von 8 Wochen ab Antragstellung entgegengewirkt. Die getroffenen Entscheidungen sind für alle Parteien verbindlich und gelten als Kodierregel auch für zukünftige Abrechnungen. Die Entscheidungen des Schlichtungsausschusses gelten für die zugelassenen Krankenhäuser, die Krankenkassen und die Medizinischen Dienste für die Erstellung oder Prüfung von Krankenhausabrechnungen für Patientinnen und Patienten, die nach dem ersten Tag des übernächsten auf die Veröffentlichung der Entscheidung folgenden Monats in das Krankenhaus aufgenommen werden, und für die Krankenhausabrechnungen, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidung bereits Gegenstand einer Prüfung durch den Medizinischen Dienst nach § 275 Absatz 1 sind.

Bis zum 31. Dezember 2020 soll der Schlichtungsausschuss über die Kodierempfehlungen entscheiden, die zwischen der sozialmedizinischen Expertengruppe Vergütung und Abrechnung der Medizinischen Dienste und dem Fachausschuss für ordnungsgemäße Kodierung und Abrechnung der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling bis zum 31. Dezember 2019 als strittig festgestellt wurden.

Die mit dem Reformgesetz beabsichtigten Ziele sind insgesamt positiv für das Prüf- und Abrechnungssystem zu bewerten und können zu einer Verbesserung führen. Jedoch bleibt abzuwarten, ob die Maßnahmen, welche im Gesetz formuliert sind, diesen Zielen gerecht werden, diesen entgegenwirken oder Nebeneffekte auslösen, welche das System negativ beeinflussen. Hierzu kann nach derzeitigem Stand aber noch keine definitive Aussage getroffen werden, da es noch zu Anpassungen der einzelnen Maßnahmen vor der Verabschiedung des Gesetzes kommen kann.

Abb. 1

Abb.2

Artikel vom 25. November 2019