Pflegepersonaluntergrenzen
Grundlagen und Umsetzungsmöglichkeiten mit TIP HCe
Mittlerweile ist das Thema der Pflegepersonaluntergrenzen kein neues mehr. Zahlreiche Krankenhäuser beschäftigten sich bereits gründlich mit der Datenbeschaffung, der Aufbereitung und den zu berücksichtigenden Faktoren. Vor allem die für die Weiterentwicklung gezogenen Einrichtungen kamen in den Genuss, sich intensiver mit der Datenlieferung auseinandersetzen zu dürfen.
Durch die Datensatzbeschreibungen der einzelnen Lieferbestandteile erfolgt eine ziemlich genaue Definition der zu übermittelnden Informationen. So wurde unter anderem nach der uhrzeitgenauen Patientenbelegung gefragt, die im Sinne der Verlegungshistorie den Aufenthalt der Patienten auf einem pflegesensitiven Bereich zeigt. Aufgrund der heterogenen Systemlandschaft wird nachfolgend ein Beispiel zur Aufbereitung der episodengenauen Aufenthalte gezeigt. Hierbei werden Zeitinformationen aus dem Patientencube mithilfe von Excelwerkzeugen so aufbereitet, dass eine Ermittlung der relevanten Datensätze erfolgt.
Ermittlung der uhrzeitgenauen Patientenbelegung
Für eine uhrzeitgenaue Ermittlung der Patientenbelegung nutzen wir den Patienten-Cube, der die relevanten Informationen rund um den Aufenthalt enthält. Im folgenden Beispiel handelt es sich um ORBIS als Vorsystem. Zu Beginn der Erstellung wählen wir die Liste als Berichtsform (Abbildung 1).
Aufgrund des Cube-Aufbaus sind im Patienten-Cube neben fallnummerbezogenen Datensätzen auch bettenbezogene Elemente enthalten, sodass hier auf die Herkunft (ORBIS) gefiltert werden sollte, um nur die relevanten Informationen anzeigen zu lassen (Abbildung 2). Im Beispiel filtern wir auf bestimmte Fallnummern, um die zugrundeliegende Systematik besser zeigen zu können. Im Nachgang ist ggf. noch auf die pflegesensitiven Bereiche mittels MDXMember auf die Dimension „Station“ und/oder „Fachabteilung“ zu filtern. Die mittels Dimensionsbrowser erstellte Liste dient in erster Instanz als Basis und wird nun weiter angepasst und unter Zuhilfenahme von Excel-Bordmitteln erweitert.
Wir fügen nun einige Spalten und Zeilen hinzu, achten dabei stets auf den Bezug der MDXList und formatieren im Anschluss die Datensätze als Tabelle (Abbildung 3). Abbildung 3 zeigt die finale Darstellung, für deren Erarbeitung die notwendigen Schritte näher erläutert werden.
Die Umsetzung mittels Excel-Formeln benötigt eine zuverlässige und automatische Sortierung der Datensätze nach Fallnummer und Episodenbeginn. Der allseits bekannte und mehr oder minder geschätzte Autofilter bringt uns an dieser Stelle nicht nachhaltig zum Ziel. Die BIC-Berechnung würde unter Umständen die zuvor getätigte Sortierung wieder aufheben, sodass die angedachte Logik mit den Excel-Formeln nicht umsetzbar wäre. Aus diesem Grund arbeiten wir hier mit einem definierten Tabellenbereich und nutzen die Funktionalität „Als Tabelle formatieren“. Wenn wir auf diese formatierte Tabelle unsere Sortierung definieren, wird diese nicht durch das Berechnen von BIC übersteuert und bleibt beibehalten. Die Sortierung geht in unserem Beispiel als erstes auf die Fallnummer und an zweiter Stelle auf den Episodenbeginn.
Neben Episodenwechseln aufgrund von Stationsverlegungen werden auch Veränderungen der Raum- und Bettenbelegung im Rahmen der Episoden mitgeführt. Es besteht also die Notwendigkeit, Episodenbeginn und -ende des Stationswechsels herauszuarbeiten (Abbildung 4).
Für die Eindeutigkeit der Datensätze ist eine Verkettung von Fallnummer und Station in einer eigenen Zelle notwendig. Ändert sich also die Station eines Patienten, wird eine 1 als Treffer im Datensatz mit dem Ende der Stationsbelegung aufgeführt. Dadurch erhalten wir den für uns wichtigen maximalen Episodenzeitraum. Um den relevanten Episodenbeginn in die durch den Filter gekennzeichnete Zeile (Filter=1) mitzunehmen, wird dieser in Spalte „Beginn_relevant“ bis zur 1 in der Filterspalte fortgeschrieben. Wird nun mittels Filter-Spalte auf „1“ gefiltert, erhalten wir die relevanten Datensätze. Für eine bessere Übersichtlichkeit wenden wir auf die Datensätze noch eine bedingte Formatierung an, die uns direkt die interessanten Zeilen farblich markiert.
Nicht nur zum Zweck der Datenlieferung im Rahmen der Weiterentwicklung ist dies eine zielgerichtete Betrachtung. Auch im Hinblick auf die Steuerungsrelevanz könnte die uhrzeitgenaue Patientenbelegung interessant sein. Die Frage nach dem Zeitpunkt der Verlegung zu einem pflegesensitiven Bereich hin oder von ihm weg könnte eine Rolle spielen, um die Anwesenheit zum Mitternachtsbestand zu beeinflussen.
Während für die Weiterentwicklung nicht alle Krankenhäuser in der Pflicht sind, Daten zu liefern, verhält es sich bei der Quartalsmeldung anders. Nun dürfen alle ran. Die ab April zu liefernde Quartalsmeldung zeigt nicht nur die monatlichen Durchschnittswerte bzgl. Patientenbelegung und Personalbesetzung, sie zählt ebenso die nach PpUGV nicht ausreichend besetzten Schichten. Der Mitternachtsbestand, als Basis für die Patientenbelegung, ist somit ein wesentlicher Faktor in der Auszählung der nicht eingehaltenen Schichten. Jeweils zum 15. (15.4., 15.7., 15.10., 15.1.) sind die Nachweismeldungen für das vorhergehende Quartal einzureichen. Die notwendigen Stammdaten (pflegesensitive Bereiche) wurden bereits erfasst bzw. geliefert, sodass wir uns nun auf die Bewegungsdaten konzentrieren können.
Ermittlung Mitternachtsbestand
Für eine Auswertung des Mitternachtsbestandes müssen einige Filterkriterien berücksichtigt werden, mit deren Hilfe der Bestand um 00:00 Uhr eines Tages angezeigt wird (Abbildung 5). Im Tipp-Tool des Dimensionsbrowsers wird angezeigt, dass es sich bei der Dimension Zeit um den minimalen Episodenbeginn handelt. So ist also der minimale Episodenbeginn mit dem Member 00:00 Uhr im Filter zu berücksichtigen. Die Zeitinformation „Datum“ stellt also den Tag um 00:00 Uhr dar. In der Nacht des 1.1.2019 um 00:00 Uhr waren auf der Beispielstation N_UC1 30 Patienten anwesend. Diese Angabe entspricht also der Nachtschicht vom 31.12.2018 22 Uhr bis 1.1.2019 5:59 Uhr sowie der Tagschicht des 1.1.2019 (6:00 Uhr bis 21:59 Uhr).
Ermittlung Personaleinsätze
In der Realität erfolgen die Personaleinsätze verteilt auf mehreren Schichtarten, sodass eine einfache Kategorisierung nach Nacht- und Tagschicht nicht ohne Weiteres umsetzbar ist. Sieht das Dienstplanprogramm bereits eine Aufteilung hiernach vor oder bietet bereits entsprechende Umrechnungen an, hält sich die Arbeit hier in Grenzen. Im folgenden Beispiel gehen wir aber nicht davon aus und ermitteln die Personalausstattung mittels BIC- und Excel-Funktionalitäten selbst.
Bei den Filterkriterien der Personaleinsätze ist nun auch der 31.12.2018 zu berücksichtigen, da die Arbeitsstunden zwischen 22:00 und 00:00 Uhr zum 00:00-Uhr-Stand des 1.1.2019 hinzuzurechnen sind. Die Dimension Datum stellt den Beginn der Schicht dar, sodass hier eine differenzierte Berechnungslogik umzusetzen ist. Abbildung 6 zeigt also eine mögliche Auflistung der Personaleinsätze in Form von Stunden je Tag und Bereich. Den Beispielbereich stellt hier eine unfallchirurgische Station dar, deren Pflegequotient mit 0,1 (10 Patienten auf eine Pflegekraft) für den Tag und 0,05 für die Nacht (20 Patienten auf 1 Pflegekraft) definiert ist.
Der erste Datensatz geht in die Berechnung der ersten im Zeitraum relevanten Nachtschicht mit ein, da hier die 2 Stunden der „Schicht.Nacht“ mit einzubeziehen sind. Aus diesem Grund bleibt die Berechnung für den Tag leer. Hilfsspalten zum Abgleich der relevanten Datumsfelder bilden die beiden zuletzt aufgeführten Spalten. Sobald hier die Einträge voneinander abweichen, greift eine andere Berechnungslogik für die Ermittlung der Stunden. Im Falle einer Übereinstimmung von „Monat_1“ und „Monat_2“ werden die Arbeitsstunden anhand der oben aufgeführten Anteile berücksichtigt. So gehen für den Tag des 1.1.2019 die 20 Stunden von „Schicht.Früh“ zu 100 % in die Tag-Schicht ein, wobei von den 15 Stunden nur 93,75 % der „Schicht.Spät.“ in die Tag-Schicht einfließen. Die 12 Stunden der „Schicht.Nacht“ erhalten zur Tag-Schicht des 1.1.2019 keine Berücksichtigung, da die halbe Stunde am Ende der Schicht rein rechnerisch für den Folgetag mitzuzählen ist. Aufgrund der hier vorliegenden (einfachen) Systematik der Nachtschicht, sind jeweils 0,75 Stunden für den Folgetag aus der vorherigen Nachtschicht hinzuzuziehen. Nach Ermittlung der Arbeitsstunden je Tag-und Nachschicht, werden anhand der jeweiligen Dauer der Schicht (16 Stunden für den Tag, 8 Stunden für die Nacht) diese in entsprechende Vollzeitäquivalente umgerechnet.
Die Personaleinsätze werden differenziert nach examinierten Pflegekräften und Pflegehilfskräften ermittelt. Für die Berücksichtigung der Pflegehilfskräfte ist ein maximaler Anteil definiert, sodass nur ein begrenzter Anteil mit in die Personalausstattung einfließen darf. Die Umrechnung der Arbeitsstunden in Vollzeitäquivalente wird analog zum eben geschilderten Vorgehen durchgeführt, sodass im Anschluss der maximale Anteil ermittelt werden kann. Der für die Berechnung maximale Anteil von Pflegehilfskräften beträgt für die Unfallchirurgie in der Tag-Schicht 10 %. Somit dürfen maximal 10 % der Gesamtzahl der Pflegekräfte als Anteil Pflegehilfskräfte für die Tag-Schicht angesetzt werden.
In Kombination mit der Patientenbelegung der Mitternachtsbetrachtung können nun die einzelnen Schichten ausgezählt werden (Abbildung 7). Dem Soll-Quotienten wird der Ist-Quotient gegenübergestellt, wodurch die Abweichungen aufgezeigt werden. Ist diese Abweichung negativ, erfolgt eine Zählung in den vorgesehenen Spalten „Unterschreitungen Tag“ (bzw. …Nacht).
Nachweismeldung zum Quartal
Die Nachweismeldung setzt also nun auf Basis der Mitternachtsstatistik und der eingesetzten Pflegekräfte auf und fasst die Informationen nach einem vorgegebenen Schema zusammen (Abbildung 8). Die Nachweismeldung selbst erfordert eine Summierung der in einer Schicht erbrachten Arbeitsstunden, um diese dann durch die Anzahl der Stunden je Tag-/Nachtschicht zu dividieren. Eine detaillierte Auflistung der einzelnen Tage ist dennoch notwendig, da die Anzahl der nicht eingehaltenen Schichten angegeben werden muss.
Die durchschnittliche Patientenbelegung summiert die Patienten im Monat auf und setzt diese ins Verhältnis zur Anzahl der Tage je Monat. Es werden zusätzlich noch auf Basis der Berechnung (siehe Abbildung 7) die Schichten ausgezählt, in denen die Pflegepersonaluntergrenzen nicht eingehalten wurden und entsprechend hinterlegt.
Die Angaben zur durchschnittlichen Personalausstattung mit Fachkräften füllen sich aus der entsprechenden Datei der Personaleinsätze, wobei die Arbeitsstunden jeweils für die Tag- und Nachtschicht aufsummiert werden. In gleicher Formel werden diese durch die Anzahl der Schichten und die Dauer der jeweiligen Schicht (16 Stunden oder 8 Stunden) dividiert. Gleiches gilt für die Summierung der Einsatzzeiten der Pflegehilfskräfte. Die tatsächlichen Einsätze werden summiert und der anrechenbare Anteil wird in der letzten Spalte auf Basis der Grenzwerte separat ermittelt. Nehmen wir nun alle Informationen zusammen, kann die rechnerische Anzahl von Patienten je Pflegekraft ermittelt werden. Diese errechnet sich aus der durchschnittlichen Patientenbelegung im Verhältnis zur anrechenbaren Personalausstattung (Summe aus durchschnittlicher Personalausstattung und anrechenbaren Pflegehilfskräften).
Weitergehende Gedanken
Die Berechnungen für die Nachweismeldung haben wohl eher meldenden Charakter und können nicht unbedingt zur Steuerung herangezogen werden. Die Pflicht der Datenlieferung ist damit erfüllt, eine flexible und zeitnahe Betrachtung (kleiner als der Tag zuvor) ist hiermit aber nicht möglich. Auch wenn die durchschnittliche Personalausstattung der Tagschicht im Januar mit 8,44 Patienten je Pflegekraft ausreichen sollte, werden dennoch Schichten mit einer Unterdeckung ermittelt.
Ziel sollte es also zumindest sein, diese notwendigen Fragestellungen schnell zu beantworten und nicht zu viel Zeit mit der Aufbereitung der Nachweismeldung zu verbringen. Die Zeit für die Aufbereitung im vorliegenden Beispiel hält sich tatsächlich stark in Grenzen, da wir hier mit einem vorerst zufriedenstellenden Automatisierungsgrad arbeiten. Die Daten werden mithilfe des PAT- und PEP-Cubes (Patienten und Personaleinsatzplanung) aufbereitet, wobei wir hier lediglich die Zeiträume einschränken. Aber auch diese manuelle Tätigkeit lässt sich über BIC-Funktionalitäten in einen noch höheren Automatisierungsgrad umwandeln. Wir sehen im vorliegenden Beispiel jedoch davon ab, da der ein oder andere gerade in den Anfangsphasen lieber noch mal einen Blick auf die Änderungen nach Zeitraumwechsel wirft.
Einen Weg in Richtung noch mehr Automatisierung stellen der PpUG-Monitor für ORBIS-Anwender sowie der PpUG-Cube für TIP HCe-Kunden dar. Hierdurch bekommt die Berechnung als solches nun einen deutlich charmanteren Charakter und erhält zunehmende Automatisierung (siehe Produktnews). Auf dem eher operativen Weg sind vor allem die Prozesse in den Einrichtungen zu analysieren. Fragen könnten sein: Wie gestalte ich mein Aufnahmemanagement? Wie gestalte ich meine interdisziplinären Bereiche? Welche Möglichkeiten habe ich im Rahmen der internen Verlegungssteuerung? Sind bestimmte Muster der Behandlungsabläufe erkennbar, die ich vor allem für die kurzfristige Personaleinsatzplanung nutzen kann? Viele Erkenntnisse lassen sich vermutlich in den kommenden Monaten gewinnen, denn nun gilt es entsprechend zu beobachten und zu steuern.
Abb. 1: Auswahl der Dimensionen und Measures
Abb. 2: Filtern der Herkunft
Abb. 3: Episodenermittlung (Tabellenbereich formatieren)
Abb. 4: Beginn Episode Stationsbelegung
Abb. 5: Mitternachtsbestand Patienten-Cube
Abb. 6: Auflistung Personaleinsätze
Abb. 7: Ermittlung meldepflichtiger Schichten und Patientenbelegung
Abb. 8: Nachweismeldung Quartal
Artikel vom 6. April 2019