Process Mining
Verbesserung der Arbeitssituation in der stationären Pflege durch Untersuchung der Nutzenpotenziale
Sowohl der demografische Wandel als auch der Fachkräftemangel führen zu einer Arbeitsverdichtung in der Gesundheits- und Krankenpflege im Krankenhaus. Die zunehmende Delegation von Tätigkeiten an Gesundheits- und Krankenpflegehilfskräfte sowie Servicekräfte hat eine fragmentierte Pflege der PatientInnen zur Folge und erschwert die Gewährleistung der Versorgungsqualität. Darum ist es für die Pflege von immer größerer Bedeutung, Ressourcen optimal zu nutzen. Process Mining ist eine Technik, die tatsächliche Geschäftsprozesse transparent darstellt und Schwachstellen sowie Ressourcenpotenziale aufzeigt. Um die Nutzenpotenziale von Process Mining für die stationäre Pflege zu erfassen, wurde eine Erhebung mit Kunden durchgeführt.
Im Rahmen der Erhebung, die im Sommer 2019 stattfand, wurden Kunden, die ORBIS einsetzen sowie Interesse an Prozessanalysen haben, mittels Fragebogen und Interviews befragt. Es wurden dabei alle relevanten Stakeholder einbezogen wie Geschäftsführung, Pflege, Personalrat und Prozesssteuerung bzw. Qualitätsmanagement.
Die Ergebnisse zeigen diverse Nutzenpotenziale von Process Mining auf, die durchaus aufschlussreich hinsichtlich des Einsatzes der Methode sind. Rund 57 % der Befragten halten die Verbesserung der fachbereichsübergreifenden Zusammenarbeit für das wichtigste Nutzenpotenzial von Process Mining (Abb. 1). Die Optimierung der bereichsübergreifenden Kommunikation betrachten annähernd 54 % als sehr wichtig (Abb. 2). Dies unterstreicht die aus der Literatur bekannte Tatsache, dass die zahlreichen Schnittstellen im Krankenhaus eine informelle Kommunikation erschweren und für Koordinationsprobleme sorgen. Eine intakte interprofessionelle Kommunikation wirkt sich positiv auf die Mitarbeiter- und Patientenzufriedenheit, die Ergebnisqualität und folglich auf den wirtschaftlichen Erfolg einer Klinik aus. Mithilfe von Process Mining kann das Verständnis und die Akzeptanz von Prozessabläufen in und außerhalb der Abteilung verbessert werden.
Als weitere Nutzenpotenziale werden in der Studie die Anpassung der Dienstzeiten, die Erfüllung normativer Anforderungen, eine Steigerung der Transparenz und der Patientenzufriedenheit sowie die Unterstützung in der Entscheidungsfindung genannt.
Die Identifikation zeitlicher Engpässe zur Reorganisation von Arbeitsprozessen wird von fast 52 % der Befragten als sehr wichtig bewertet (Abb. 1). Dieses Ergebnis bestätigt das Problem der Aufgabenverdichtung in der Pflege durch die Zunahme pflegefremder Tätigkeiten. Die nachhaltigen monetären Vorteile, die durch den Einsatz von Process Mining entstehen, halten rund 56 % für wichtig (Abb. 1). Besonderes Verbesserungspotenzial sehen die Befragten offenbar beim Aufnahme- und beim Entlassprozess. Nahezu 63 % der Befragten erachten die Optimierung des Aufnahmeprozesses für sehr wichtig, die Optimierung des Entlassprozesses befinden sogar 73,63 % für sehr wichtig (Abb. 2).
Die Studie hat ergeben, dass Process Mining im klinischen Umfeld zurzeit noch auf Vorurteile stößt. Der prozentual am häufigsten genannte Grund für die Skepsis der Befragten ist mit 13,19 % der hohe Zeitaufwand. Die Erhebungsdaten bestätigen jedoch, dass die Krankenhäuser zurzeit wesentlich aufwendigere Methoden wie Audits (79,12 %) und Mitarbeiterbefragungen (47,25 %) nutzen, um die Conformance zu überprüfen. Da eine Process Mining-Lösung nur einmal implementiert werden muss, um fortlaufend Ergebnisse zu produzieren, hält sich der zeitliche Gesamtaufwand in Grenzen. Zudem können die Prozesse mithilfe der in die Lösung integrierten künstlichen Intelligenz nicht nur vollautomatisiert analysiert werden, sondern darüber hinaus können auch Standardprozesse erstellt sowie unterschiedliche Szenarien und Prognosen dargestellt werden.
Fazit
Durch prozessorientierte Krankenhausstrukturen können Prozesse verknüpft und in transparenten Prozessketten zusammenfasst werden. Process Mining kann diesen Vorgang positiv unterstützen, indem es das Verständnis für Prozessabläufe und die Akzeptanz von Arbeitsanweisungen verbessert. Die rege Beteiligung der kontaktierten Krankenhäuser an der Studie weist auf einen Bedarf hinsichtlich der Prozessoptimierung in der stationären Pflege im Krankenhaus hin. Das spricht dafür, dass Process Mining bereits als gewinnbringendes Verfahren für die Prozessoptimierung angesehen wird.
Artikel vom 26. November 2019