Wie veränderte das Jahr 2020 das Krankenhaus-Controlling?

Das Jahr 2020 brachte für die Krankenhäuser in Deutschland erhebliche Herausforderungen. Zuerst war die Umstellung des DRG-Systems auf das aG-DRG-System umzusetzen. Unsicherheiten über die kurzfristige Zukunft, was die Finanzierung der Pflege und des aG-DRG-Budgets betraf, machten eine verlässliche Planung schwierig. Darüber hinaus blieb die ganz große Frage, wie die Pandemie sich weiterentwickeln und wie die Politik in Bezug auf Hilfsprogramme, Freihaltepauschalen und Leistungseinschränkungen reagieren würde.

Arne Hutmacher beschreibt in diesem Artikel, wie die COVID-19-Pandemie die Arbeit im Controlling verändert hat. Insbesondere erklärt er, wie in der KKRN Katholisches Klinikum Ruhrgebiet Nord GmbH mit den Herausforderungen umgegangen wurde und beschreibt das neue Belegungs-, Verweildauer- und Personal-Controlling, das während der Pandemie entstand. Außerdem zeigt er, wie das Controlling-Team der KKRN die Lockdown-Zeiten sinnvoll für die Weiterentwicklung des Controllings nutzte.

Herausforderung aG-DRG-System
Durch die Einführung des aG-DRG-Systems stellte sich gleich zu Beginn des Jahres 2020 für das Controlling die Herausforderung, dass Vergleiche der DRG-abhängigen Kennzahlen mit den Vorjahren nicht mehr möglich waren. Die KKRN reagierte, indem sie ihr Berichtswesen nach dem G-DRG-System nach dem Jahresabschluss 2019 in der Berichtsverteilung einfror und die bestehenden Berichte nach Logik des aG-DRG-Systems aufbaute. Mithilfe eines Übergangs-Groupings in der Data Warehouse-Lösung TIP HCe gelang es, die Daten für die Jahre 2018 und 2019 auch nach der neuen Systematik darzustellen, um trotz Systemwechsel wieder eine Vergleichsmöglichkeit mit den Vergangenheitsdaten herzustellen (Abb. 1).

Herausforderung Planungsunsicherheit
Die nächste Herausforderung betraf die großen Unsicherheiten in Bezug auf die kurzfristige Zukunft. Völlig offen war die Pflegefinanzierung, die erhebliche Auswirkungen auf das Jahresend­ergebnis haben würde, ohne dass verlässliche Details bekannt waren. Auch die Weiterentwicklung der Pandemie war ein ständiger Unsicherheitsfaktor. Die Entwicklung der COVID-19-Fälle hatte nicht nur Auswirkungen auf die Belegung mit COVID-19-Patienten, sondern auch auf die Kapazitäten für Elektiv-Behandlungen und auf die Mitarbeiterverfügbarkeit. Die Reaktionen der Politik waren oft kurzfristig und nicht vorhersehbar. Auch war unklar, wie lange und in welcher Höhe Hilfsprogramme wie Freihaltepauschalen die Umsatzrückgänge im aG-DRG-System abfedern können. Nicht zuletzt machte zusätzlich noch die fehlende Entgeltverhandlung für 2020 Hochrechnungen und Forecasts des Jahresergebnisses schwierig, wie sie im Normalbetrieb regelmäßig vom Controlling erstellt wurden.

Veränderter Fokus im Controlling
Das Controlling in der KKRN reagierte auf die veränderten Rahmenbedingungen durch verschiedene Anpassungen im Berichtswesen und ein paar neue Analysen. Da alle Daten im TIP HCe-Data Warehouse verfügbar waren, konnten ziemlich rasch neue Berichte erstellt werden, um den aktuellen Fragestellungen nachzugehen. Um die veränderte Erlössituation darzustellen, entwickelte Arne Hutmacher einen neuen Erlösbericht, der aG-DRG- und Pflege-Erlöse ergänzt um die prognostizierten Ausgleichzahlungen und Freihaltepauschalen den im Wirtschaftsplan budgetierten Erlösen gegenüberstellt (Abb. 2). Die Wirtschaftsplanerlöse (blaue Linie) wurden dabei über den Verlauf der vergangenen drei Jahre auf die Kalenderwochen heruntergebrochen.

Ein weiterer Bereich, der während der Pandemie in den Vordergrund rückte, war das Belegungscontrolling und die Beobachtung der Bettenauslastung. Ein neuer Bericht vergleicht die aktuelle Belegung täglich mit der durchschnittlichen Belegung in den letzten drei Jahren und zeigt den deutlichen Einbruch während der Pandemie (Abb. 3).

Parallel zum Belegungscontrolling wurde auch das Personalcontrolling ausgebaut, um die reduzierte Belegung mit dem anwesenden Personal zu vergleichen. So konnte auf die geringere Auslastung mit einer Reduktion des täglich anwesenden Personals reagiert werden. Durch den Abbau von Urlauben und Überstunden konnte auf Kurzarbeit im Klinikbereich verzichtet werden. Gleichzeitig bekam die Sicherstellung von ausreichend Personal trotz erhöhter Krankenstände, Quarantänen und außergewöhnlicher Arbeitsbedingungen zentrale Bedeutung und wurde daher regelmäßig überwacht.

Das Verweildauercontrolling wurde ebenfalls ausgebaut, um trotz der besonderen Bedingungen die Verweildauer im Blick zu halten und die Vorhaltung der Betten für potentielle COVID-19-Neufälle sicherzustellen. Abb. 4 zeigt den entwickelten interaktiven Bericht, der auch die aktuelle Auslastung der auswählbaren Fachabteilung berücksichtigt. Es gibt für jeden Berichtsempfänger (z. B. Chefarzt) die Möglichkeit, jede Fachabteilung auszuwählen.
Lockdown für Konzeption des PpUGV-Cockpits genutzt

Während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 nutzte das Controlling-Team der KKRN einige Wochen mit geringerer Arbeitsbelastung für konzeptionelle Tätigkeiten, für die im Normalbetrieb selten Zeit bleibt. So wurde z. B. das Pflegecontrolling im PpUGV-Cockpit, weiterentwickelt.

Transformation des Controllings in 2020
Insgesamt stellte Herr Hutmacher fest, dass im Jahr 2020 das Wesen des Controllings sich merklich veränderte. Während man in der Vergangenheit langfristige Fragestellungen mit Mehrjahres-Datengrundlagen bearbeitete, herrschten nun eher Kurzfristaussagen auf unsicheren Datengrundlagen vor. Der Fokus der Analysen veränderte sich weg vom Standard-Reporting hin zu Ad-hoc-Anfragen, die die außergewöhnliche Situation und spezielle Fragestellungen abbilden sollten. Die Zeit für die Beantwortung von Fragen wurde merklich kürzer. Dies bedeutete eine besondere Herausforderung für die Controlling-Abteilung, die aber aufgrund der Vorhaltung aller steuerungsrelevanten Daten im Data Warehouse gut gemeistert werden konnte.

Besonders auffällig war auch die Reduktion der Halbwertszeit von Aussagen für Prognosen und Hochrechnungen. Diese wurde durch die ständigen Veränderungen und die vorherrschende Unsicherheit auf einige Wochen verringert, während man früher einen Forecast-Horizont zumindest bis zum Jahresende hatte.

Unabhängig von allen Neuerungen und Verbesserungen wurde bereits im ersten Lockdown ein Konzept umgesetzt, wie die Controlling-Funktion bei pandemiebedingten Ausfallszenarien wie Ausgangssperren, Erkrankung oder Quarantäne von Controlling-Mitarbeitern über Home-Office-Regelungen sichergestellt werden kann.

Abb. 1: CMI-Entwicklung nach G-DRG (links) und neu mit Übergangsgrouping nach aG-DRG (rechts)

Abb. 2: Vergleich Erlöse mit Freihaltepauschalen ggü. Wirtschaftsplan

 Abb. 3: Belegungscontrolling: Abweichung der Belegung im Vergleich zu den Vorjahren

Abb. 4: Verweildauerentwicklung

Artikel vom 11. Mai 2021